Die Musik in Geschichte und Gegenwart

Die Enzyklopädie „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“, überall als „MGG“ bekannt, ist das größte Nachschlagewerk dieser Art auf dem Gebiet der Musik. Die erste Ausgabe erschien in siebzehn Bänden zwischen 1949 und 1986 und schrieb Wissenschaftsgeschichte. Von 1994 bis 2008 kam als Koproduktion von Bärenreiter und dem Verlag J. B. Metzler die zweite Ausgabe heraus. Sie umfasst einen Sachteil mit neun und einen Personenteil von 17 Bänden, jeweils begleitet von einem Registerband. Ein Supplementband schloss die MGG 2008 ab.

Als die beiden Verlage mit dem Vorsatz antraten, das ganze Wissen über die Musik nochmals zwischen Buchdeckeln zu versammeln, meldeten sich skeptische Stimmen: Das Buch sei kein adäquates Medium mehr, Wissen könne man besser in elektronischer Form präsentieren, und Deutsch sei ohnehin nicht mehr die Sprache der Musikwissenschaft. Doch schon nach wenigen Bänden stand fest, dass die MGG weltweit als Standardwerk Anerkennung fand.

Vertieft man sich in die blauen Bände, wird das Prinzip des Werks schnell klar. Konkret: Wolfgang Amadeus Mozart zum Beispiel, sein Leben und sein Werk, sind bestens dokumentiert: Fast hundert Seiten umfasst der ihm gewidmete Artikel in der „MGG“. Wer diesen Artikel gelesen hat, ist auf der Höhe der gegenwärtigen Forschung.

Aber wer war Nicolas Dubut? Nur sieben Zeilen widmen sich dem „maître joueur d’instruments à vent”, also einem Meister auf Blasinstrumenten aus dem Paris des 17. Jahrhunderts, wenig im Vergleich zu Mozart, aber genug, um ihn als Moment der Musikgeschichte fortleben zu lassen. So spielt sich die größte Musikenzyklopädie der Welt zwischen Extremen ab, zwischen buchähnlichen Großartikeln und nur wenige Zeilen füllenden Kleinbeiträgen.

Mit Zahlen kann man die Enzyklopädie nur ein Stück weit erläutern. Imposant sind sie allemal. 29 Bände mit insgesamt 25.000 Seiten. Über 3.000 Autoren aus 55 Ländern haben Artikel zu 1.500 Sach- und 18.000 Personenstichwörtern verfasst. Die 29 voluminösen Bände haben eine Länge von fast zwei Metern und wiegen 43 Kilo.

Schwerer jedoch wiegt der Inhalt. Was die Redaktion zusammen mit dem Herausgeber Ludwig Finscher erarbeitet hat, erfüllt den gestellten Auftrag: Die MGG hält das Wissen über Musik fest, wie es sich an der Wende zum 21. Jahrhundert darstellt. Und da die Zeiten enger Nationalismen vorüber sind, da die „abendländische” Perspektive längst einer globalen gewichen ist, kann man in den Bänden auf Weltreise gehen. Chinas Musik ist auf 36, arabische Musik gar auf 60 Seiten dargestellt. Die großen Themen der westlichen Musik wie die Symphonie oder das Streichquartett stehen gleichberechtigt daneben. Außereuropäische Musikformen und Instrumente wie der Huayno (ein Tanz der Andenländer) oder die Kamance (eine im Orient verbreitete Laute) haben ihren Platz ebenso wie der Walzer oder das Klavier.